„Analytisch-empirische Soziologie und soziologische Praxis“

Podiumsdiskussion auf dem Kongress der Akademie für Soziologie mit dem Thema „Societal Challenges – Sociological Answers?“ an der Universität Mainz, 9. Oktober 2025

Es diskutierten: Prof. Dr. Elisabeth Maria Krekel (BIBB, i.R.), Dr. Kerstin Lorenz (Deutsche Bundesbank), Jonas Jung (B.A., Universität Mainz), Sebastian Stahlhofen (Business Development Direktor bei „Talk Online Panel“), Dr. Katrin Späte (BSiD, Universität Münster). Moderation und Organisation: Prof. Dr. Martin Abraham (Universität Erlangen-Nürnberg) und Prof. Dr. Natascha Nisic (Universität Mainz) und PD Dr. Jens Jetzkowitz (BSiD).

Ein Kurzbericht

Welche Rolle spielen Theorien in der soziologischen Praxis, welche Rolle spielt die Empirie und, welche Erwartungen haben eigentlich Studierende an die analytisch-empirische Soziologie im Hinblick auf die Praxisrelevanz? Diese und andere Fragen zum Verhältnis von akademischer Soziologie und soziologischer Praxis in unterschiedlichen beruflichen Feldern wurden in einer Podiumsdiskussion auf dem Akademie-Kongress in Mainz behandelt. Unter den Podiumsteilnehmern entstand zu jedem Themenblock eine rege Diskussion.

Die Frage, welche Bedeutung Theorien in berufspraktischen Aufgabenstellungen zukommt, wurde zu Beginn der Diskussion besonders intensiv beleuchtet. Mit Verweisen auf Erfahrungen in der Politikberatung wurde darauf aufmerksam gemacht, dass in der außeruniversitären beruflichen Praxis oftmals zu Beginn neuer Projekte auch neue Theorien geschaffen werden müssen. Dies wurde mit Blick auf die Markt- und Meinungsforschung bestätigt. Der Innovationsdruck in der Privatwirtschaft erfordere geradezu eine permanente Weiter- und Neuentwicklung von Methoden in der Markt- und Meinungsforschung. Außerdem wurde der allgemeinbildende Aspekt der Auseinandersetzung mit soziologischen Theorien im Rahmen des Studiums wie beispielsweise die Förderung bzw. Einübung von Kommunikations- und Reflexionsfähigkeit betont. Aus studentischer Erfahrungsperspektive mit empirischen Arbeiten wurde angesprochen, dass zuweilen Theorien zwar einleitend diskutiert würden, bei der empirischen Auswertung quantitativer Daten selbst dann jedoch keine große Rolle mehr spielten. In der erweiterten Diskussion mit dem Publikum wurde deutlich, dass Theorien auch kausale Zusammenhänge darstellen, die für empirische Analysen leitend seien, in der soziologischen Berufspraxis dieser Gold-Standard der Sozialforschung allerdings selten erreicht werde. Zur Funktion der Soziologie als einer Reflexionswissenschaft der Gesellschaft tragen auch weniger ambitionierte Ergebnisse der Sozialforschung und deren strukturierende Einordnung in Theorien bei.

Ein weitgehender Konsens aller Teilnehmenden zeichnete sich im Hinblick auf den Stellenwert der empirischen Methoden ab. Das Erlernen von Methoden ist unverzichtbar im Soziologiestudium und prägt weitgehend die berufliche Praxis. Für Spannung im Raum sorgte einzig das Aufscheinen des alten Methodenstreites zwischen den „Quantis“ und den „Qualis“. Von Seiten des BSiD wurde klar herausgestellt, dass die Wahl der Methode von der Forschungsfrage bzw. der konkreten Aufgabenstellung abhänge und Methodenpluralismus für die berufliche Praxis unverzichtbar sei. Nur wenig Zeit blieb leider, die Herausforderungen durch die neuen technologischen Tools der künstlichen Intelligenz zu beleuchten. Zur Sprache kam, dass zukünftig die Dimension der Datenerhebung noch wichtiger werde, wenn Datenaufbereitung und -auswertung durch Tools erledigt werden können. Eine Erleichterung stelle beispielsweise dar, dass man bei der Durchführung von Projekten nun nicht mehr jeden Stata-Befehl auswendig können müsse.

Der zweistündige Austausch verlief durch die strukturierte Vorbereitung und zugewandte Moderation durch Martin Abraham (Methodenprofessur Universität Erlangen-Nürnberg) sowohl fokussiert, als auch offen und anregend. Zahlreiche Teilnehmende brachten sich mit Fragen und Anmerkungen in die Diskussion ein. Als Vorstandsmitglied der Akademie deutete Martin Abraham zum Abschluss an, dass mit dieser Veranstaltung ein Reflexionsraum eröffnet worden sei, sich stärker mit Fragen der beruflichen Praxis und den Anforderungen, die sie an das Studium stellt, auseinandersetzen zu wollen. Gut, dass Jens Jetzkowitz (Vorsitzender BSiD) die Initiative für diesen Austausch mit der Akademie ergriffen hat und Natascha Nisic (Methodenprofessur Universität Mainz) und Martin Abraham diesen so unkompliziert und professionell realisiert haben.

Teile gerne diesen Beitrag:

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert