Tagung für angewandte Sozialwissenschaften (TAS) 2025: Call for Abstracts

Zum 23. Mal veranstaltet unser Berufsverband am 10.05.2025 die Tagung für angewandte Sozialwissenschaften (TAS). Als Online-Veranstaltung wollen wir unter dem Thema „KI in der soziologischen Berufspraxis“ die aktuellen und zukünftigen Auswirkungen der Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz auf die verschiedenen Felder der soziologischen Praxis diskutieren.

Eine soziologische Auseinandersetzung mit dem Themenfeld der Künstlichen Intelligenz ist nicht neu
(Malsch et al. 1996; Rammert 2023). Technisch innovierte Wirkszenarien der KI wurden vor allem aus
konzeptionell-programmatischer Perspektive beleuchtet (Manhart 1995; Rammert 1995; Klüver
1995). Doch was wir in aktuellen Zeiten erleben, ist der Umstand, dass KI gesellschaftsfähig wird –
sich also leicht bedienbare Oberflächen ergeben, die eine Nutzung von beispielweise generativen
Sprachmodellen (hier am prominentesten ChatGPT) für die breite Bevölkerung nicht nur möglich,
sondern auch attraktiv machen. Während wir uns bisweilen noch im Prozess der Digitalisierung von
Funktionsbereichen des gesellschaftlichen Lebens befinden, sehen wir uns mit der rasant
flächendeckend bedeutsam werdenden Einflussnahme von Künstlicher Intelligenz konfrontiert. Das
schafft notwendig werdende Aushandlungs- und Anpassungsprozesse auf ganz unterschiedlichen
Ebenen (Groß 2024). Die soziologische Auseinandersetzung mit diesen Herausforderungen kann hier
in besonderem Maße bedeutsam werden.

Die zunehmende Verbreitung von KI-Technologien bietet sowohl Chancen als auch
Herausforderungen für Soziolog*innen in der beruflichen Praxis. Die Integration von KI in soziologische Berufsfelder verspricht eine höhere Effizienz in der Datenanalyse, die Möglichkeit, neue Erkenntnisse zu gewinnen und eine verbesserte Prognosefähigkeit sozialer Phänomene. Automatisierte Prozesse können Forschungszeiten verkürzen und die Genauigkeit von Analysen erhöhen, was zu fundierten Entscheidungen und Empfehlungen führt. Darüber hinaus könnte die fortschreitende Automatisierung und Digitalisierung einige soziologische Arbeitsfelder verändern, was neue Herausforderungen für Beschäftigung und Arbeitsorganisation mit sich bringen könnte.

Sozialwissenschaftler*innen müssen die gesellschaftlichen und ethischen Implikationen dieser Veränderungsprozesse reflektieren – auch vor dem Hintergrund der technologisch bedingten Grenzen und Artefakte der Künstlichen Intelligenz. Bei der Anwendung von KI-Technologien ist es wichtig, sich der potenziellen Verzerrungen und Vorurteile bewusst zu sein, die in den Algorithmen
verankert sein können, insbesondere dann, wenn diese auf unvollständigen oder verzerrten Daten
trainiert wurden. Aber auch darüber hinaus kommt der ganz grundsätzlichen Auseinandersetzung
mit der Funktionsweise dieser neuen Technologien eine besondere Bedeutung zu. Wie verändert
diese richtungsweisende Technologie die Art der Kommunikation, wie werden gesellschaftlichen
Dynamiken affektiert, auf welche Weise werden wir lernen, Sprache nutzen, arbeiten, leben,
Konflikte lösen und ganz generell Technologien steuern oder gewähren lassen (Irving/Askell 2019)?
Dies sind Fragestellungen, die gesamtgesellschaftlich und insbesondere soziologisch relevant werden.
In jedem denkbaren Themenfeld stellt sich auch die Frage, wie das soziologische Wirken in den
verschiedenen Praxisfeldern an sich beeinflusst werden wird und wie Künstliche Intelligenz das
Wirken von Soziolog*innen verändert – dem soll die TAS 2025 nachgehen.

Die 23. Tagung für angewandte Sozialwissenschaften lädt dazu ein, diese vielgestaltigen Fragestellungen vor dem Hintergrund soziologischer Berufsfelder weiter zu diskutieren. Dazu werden Beiträge erbeten, die sich mit theoretischen, empirischen und praktischen Aspekten von KI in der soziologischen Berufspraxis auseinandersetzen. Folgende Fragen sollen dabei im Mittelpunkt stehen:

  • Welche theoretischen Ansätze können helfen, die Chancen und Risiken von KI in der soziologischen Praxis zu verstehen?
  • Wie können ethische Überlegungen und Verantwortung in den Einsatz von KI-Algorithmen integriert werden?
  • Inwiefern könnte die Integration von KI das Berufsbild der Soziolog*innen verändern und wie
    kann dies soziologisch reflektiert werden?
  • Welche Implikationen hat der Einsatz von KI für die Gesellschaft und welche Rolle spielen
    Soziolog*innen in diesem Zusammenhang?
  • Welche empirischen Befunde zur aktuellen Bedeutung von KI in der soziologischen Praxis
    liegen vor bzw. fehlen für eine fundierte und anwendungsorientierte Reflexion?

Ihre Beiträge aus Wissenschaft und Praxis sind herzlich willkommen! Wenn Sie sich beteiligen
möchten, senden Sie bitte Ihre Abstracts für Vorträge oder Exposés für ganze Foren (max. 1500
Zeichen, PDF) bis zum 30.09.2024 an info@soziologie-deutschland.net. Die Veranstaltung wird
organisiert von Jonas Jakat, Dr. Claudia Obermeier, Dr. Katrin Späte und Dr. Andreas Techen.

Wir freuen uns auf Ihre Beiträge und eine inspirierende Diskussion!


Literatur:
Groß, Richard (2024): Probabilistische Wirklichkeitsmodelle und soziologische Intelligenz. In:
Soziologie, 53. Jg., Heft 1, S. 60-75.

Klüver, Jürgen (1995): Soziologie als Computerexperiment: Modellierungen soziologischer Theorien
durch KI- und KL-Programmierung, (Wissenschaftstheorie, Wissenschaft und Philosophie), 1. Aufl.,
Wiesbaden: Vieweg+Teubner.

Malsch, Thomas/ Florian, Michael/ Jonas, Michael/ Schulz-Schaeffer, Ingo (1996): Sozionik:
Expeditionen ins Grenzgebiet zwischen Soziologie und Künstlicher Intelligenz. In: Künstliche
Intelligenz KI, Heft 2, S. 6-12.

Manhart, Klaus (1995): KI-Modell in den Sozialwissenschaften: logische Struktur und wissensbasierte
Systeme von Balancetheorien, 1. Aufl., München: Oldenbourg. Verfügbar unter: https://nbnresolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-53017

Rammert, Werner (2023): Wie die Soziologie zur ‚Künstliche Intelligenz‘ kam: Eine kurze Geschichte
ihrer Beziehung. In: Muhle, Florian (Hrsg.): Soziale Robotik, 1. Aufl., Berlin: De Gryter Oldenbourg, S.
31-68.

Rammert, Werner (Hrsg.) (1995): Soziologie und künstliche Intelligenz – Produkte und Probleme einer
Hochtechnologie, 1. Aufl., Frankfurt am Main: Campus.

Teile gerne diesen Beitrag:

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert