Soziologie dual oder mit vertiefter Praxis studieren

Sven Korda studiert seit Oktober 2022 Wirtschafts- und Organisationssoziologie mit vertiefter Praxis in Hof. Er ist der erste duale Soziologiestudent Deutschlands.

Soziologie ist ein sehr interessantes Studienfach. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig und spannend. Aber viele Studierende (und Eltern) haben die Befürchtung, nach einem solchen Studium stünde die Arbeitslosigkeit.

An der Hochschule Hof geht man daher jetzt einen ganz neuen Weg. Die Suche nach einem potenziellen Arbeitgeber steht nicht nach dem Studium, sondern bereits vor dem Studium an. Mit einem Ausbildungs- oder Werksstudierenden-Vertrag in der Tasche beginnt das praxisorientierte Studium der Wirtschafts- und Organisationssoziologie.

Wieso studierst du auf diese Weise Soziologie? Wie kamst du auf die Idee?

Das hat zwei Gründe. Zum einen natürlich das Finanzielle, weil ich hierher umgezogen bin, um zu studieren. Ich hatte neben der Schule immer in Nebenjobs gearbeitet und darauf hatte ich keine Lust mehr. Ich habe gekellnert oder Sachen ausgeliefert und das wollte ich nicht mehr machen. Zum anderen ist es halt schon cool, dass du das, was du lernst, nicht erst in 3,5 Jahren anwenden kannst, sondern schon vorher in die Arbeit einzustreuen, das ist schon besser, als nur einfach so zu studieren.

Wie teilt sich deine Arbeit dort auf?

Ich arbeite ein bis zwei Mal die Woche. Ich habe bis Donnerstag Vorlesungen und fahre am Donnerstagnachmittag dann wieder heim. Ich arbeite am Freitag und gelegentlich am Samstag, um meine Wochenstunden zu erreichen. Die Semesterferien arbeite ich dann durch.

Das Unternehmen, bei dem du arbeitest, ist nicht hier in Hof?

Nein, das ist in Bamberg.

Wie kam es dazu, dass du in Hof studierst und in Bamberg arbeitest. Man kann ja auch in Bamberg Soziologie studieren?

Es war mir eigentlich relativ egal wo ich studiere, es ging mir zunächst darum, was ich studieren soll. Dann habe ich mit einem Studienberater gesprochen. Und weil ich auf der FOS war und dort schon Psychologie, Soziologie und Sozialpsychologie hatte, war für mich klar, dass ich in der Richtung weitermachen will. Das hier war eher Zufall, weil der Studiengang ja auch noch relativ neu ist. Der Studienberater meinte, dass ich mir das mal anschauen soll. Ich habe dann das Video von Herrn Stark online gefunden und mich direkt danach eingeschrieben.

Bist du mit dem Studiengang zufrieden, auch dass du direkt „mit vertiefter Praxis“ angefangen hast?

Ja sicher, also ich würde es nicht anders machen. Das ist natürlich nach 4 Monaten einfach zu sagen, aber zum jetzigen Stand bin ich schon sehr sehr glücklich damit.

Bei welcher Firma arbeitest du?

Bei den Heldsche Apotheken, das ist ein Verbund, mit fünf Apotheken. Zwei in Bamberg und die anderen sind im Landkreis verteilt. Deswegen habe ich auch die Möglichkeit, ein bisschen was anzuschauen und nicht immer das gleiche zu machen.

Was sind dort deine Aufgaben?

Also im Moment mach ich Standardaufgaben, um überhaupt zu lernen, wie so eine Apotheke funktioniert. Wenn man in eine Apotheke reingeht und dort seine Medikamente kauft, sieht man ja nicht, was im Backoffice alles passiert. Und das ist schon beeindruckend. Ich habe vorher für die Apotheke Medikamente ausgefahren und hatte da schon einen ersten Eindruck, was im Hintergrund alles organisiert werden muss.

Gerade bauen wir eine neue Apotheke mit einem komplett neuen Arbeitskonzept. Ich sehe jetzt also erstmal, wie das Ganze funktioniert und wenn dann die neue Apotheke steht, lerne ich das komplette Konzept und die Abläufe gut kennen. Wenn ich dann so etwas wie ein außenstehender Spezialist bin, kann ich auch mit eingreifen, wenn es mal Probleme gibt oder mich mit um die Planung kümmern. Im Moment mach ich noch nicht die wirklich spannenden Tätigkeiten, aber das kommt dann, wenn ich auch weiter im Studium bin.

Ich mach im Moment alles, was auch ein Pharmazeutisch-kaufmännischer Assistent macht, weil das der größte Bereich ist, denn die Apotheke abdeckt. Hinten im Backoffice, das ist auch das, wo ich am besten aufgehoben bin. Da schau ich mir gerade an, wie das alles funktioniert und die Mitarbeiter das managen, damit ich das auch lerne und mitarbeiten kann.

Wie kamst du zu dem Unternehmen?
Ich habe vorher schon dort gearbeitet und scheinbar waren die so zufrieden mit mir, dass sie gemeint haben das sie mich gerne weiterhin im Unternehmen hätten. Ich habe dann einfach mal, tatsächlich eher aus Spaß gefragt, ob sie bei einem dualen Studium mitmachen würden. Der Chef war offen und meinte, dass wir es mal ausprobieren. Bis jetzt gab es dort auch keinen dualen Studenten, sondern nur Azubis oder Leute mit abgeschlossenem Studium. Das war jetzt für sie und für mich einfach ein Experiment und bisher funktioniert das echt gut. Ich habe noch kein negatives Feedback bekommen und wir schauen jetzt mal wie sich das entwickelt. Ich freu mich schon darauf, wenn die neue Apotheke steht und ich ein bisschen mehr machen kann, weil im Moment meine Möglichkeiten noch begrenzt sind, aber ich denk, da kommen schon interessante Aufgaben auf mich zu.

Was werden deine zukünftigen Aufgaben sein?

Das weiß ich noch nicht so genau. Meine Vorgesetzte hat mir gesagt, dass sie ein paar Ideen für mich hat. In den Semesterferien werden wir das ein bisschen mehr besprechen. Ich schätze mal, dass es mir helfen wird, da ich ja im Studium auch Organisationssoziologie hatte und dort gelernt habe, wie ein Unternehmen aufgebaut ist, wie Personalplanung funktioniert und ich mich dadurch beim Aufbau der Apotheke gut einbringen kann. Vielleicht ist das mit mein Aufgabengebiet. Man muss ja auch neue Verträge mit z.B. Altenheimen aufsetzen, die wir beliefern und haben eine Eigenmarke. Also es gibt wirklich einige Aufgabengebiete, wo mir das im Studium Erlernte helfen kann. Klar, ich bin ja erst im ersten Semester und hab auch noch nicht ganz so viel gemacht, aber ich werde mich parallel zum Studium in alles Planungstechnische und Organisatorische, alles, was neu anfällt, einarbeiten.

Hast du große Unterschiede zwischen dir und den anderen Kommilitonen gemerkt?

Ich habe natürlich nicht den direkten Vergleich, da ich der einzige bin, der auf diese Art studiert, aber im Prinzip haben wir freitags sowieso keine Vorlesung und da arbeite ich dann einfach. Das nimmt mir nicht so viel Zeit, dass ich die Gefahr sehe, im Studium abgehängt zu werden. Klar ist es anstrengender, aber nicht wirklich um Welten. Wenn ich normal studieren würde, müsste ich ja trotzdem einen Nebenjob machen und das würde ja dieselbe Zeit beanspruchen. So ist das für mich ein guter Mittelweg, der für mich auf jeden Fall mehr Vorteile als Nachteile hat.

Würdest du es weiterempfehlen mit vertiefter Praxis zu studieren?

Ja definitiv. Auf der einen Seite ist es ja auch im Lebenslauf anschaulicher, wenn man direkt den Praxisbezug während des Studiums hat. Auf der anderen Seite ist es für mich auch jetzt gut, weil ich schon während des Studiums für mich sehen kann, welche Tätigkeiten oder Themen mich interessieren und welche nicht. Auch wenn es quasi nur im Pharmazie-Bereich ist, aber trotzdem hätte ich ja dann schon Erfahrung z.B. im Personalbereich und kann meine Erfahrung später bei Bewerbungen dann schon mit angeben.

Das Interview führte Lilli Kederer (BDS)

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