TAS: Innovationen in und von Organisationen

Bericht zur 21. Tagung für angewandte Sozialwissenschaften.

Das Thema Soziale Innovationen hat nun bereits zum dritten Mal die TAS des Berufsverbandes bestimmt – gut so, denn die Herausforderungen der modernen Gesellschaft benötigen nicht nur technische, sondern auch und vielleicht vor allem soziale Innovationen: Von diesen spricht man, wenn bei drängenden Problemen viele etwas anders und besser machen: Angefangen vom Car Sharing über das unverpackte Einkaufen bis hin zu Kooperationen vieler Verbände, Firmen und Einzelpersonen zur Erreichung neuer Praktiken. Die Herausforderungen sind dabei für Soziolog*innen wenig überraschend: Soziale Innovationen müssen u.a. an die alltägliche Lebensführung anschlussfähig, als Entlastung wahrnehmbar und so gedacht sein, dass sie für möglichst viele soziale Milieus anwendbar sind (vgl. etwa: Howaldt et al. (o.J.): Innovationen für die Gesellschaft, S. 32 f.). Und wenig überraschend ist zudem, dass Organisationen hier eine große Rolle spielen. Entsprechend lautete der Titel der diesjährigen TAS: „Soziale Innovationen in und von Organisationen“ – wobei gleich der erste Vortrag von Andreas Schröer von der Universität Trier, neben der TU Dortmund Mitveranstalter der Tagung, dieses noch ergänzte: „Soziale Innovationen in, von und zwischenOrganisationen“, so der Titel der ersten Keynote, der die Perspektive entsprechend erweitert hat: Nicht nur in und durch, sondern auch zwischen Organisationen finden Innovationen statt. Dies wurde auch in den folgenden Vorträgen deutlich: Soziale Innovationen finden bzw. müssen etwa auch in Verwaltungen stattfinden und dabei lernen die Länder und Bundesländer voneinander, so etwa Philipp Männle vom Dienstleistungszentrum Personal des Landes Schleswig-Holstein. Wobei Entwicklungen hinsichtlich der Digitalisierung in Verwaltungen durchaus auch als Transformation bzw. Disruption betrachtet werden können, so Mascha Will-Zocholl und Andrea Baukrowitz von der Hessischen Hochschule für Polizei und Verwaltung in Wiesbaden.

Die oben erwähnte Anschlussfähigkeit gilt dabei natürlich auch für Arbeitsumgebungen, in denen Menschen mit Beeinträchtigungen arbeiten: So berichteten Daniel Krüger, Bastian Pelka und Ann Christin Schulz in ihrem Vortrag über das Projekt „Emscher-Lippe hoch 4“, das die digitale Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigungen (MmB) durch Lern- und Demonstrationslabore fördert.

Anschlussfähigkeit muss ebenso für die Teilhabe marginalisierter Bevölkerungsgruppen gelten: In Forschungen zu sogenannten Co-Creationen, hier vorgetragen von Jennifer Eckhardt und Daniel Krüger, wird aufgedeckt, wie Bürger*innen in und an Innovationsprozessen beteiligt werden können.

Bei allem Lernen zwischen Organisationen und bei allen Überlegungen zur Anschlussfähigkeit muss zugleich der Blick in die Organisation selbst gehen: So zeigte Janina Evers von der FOM Hochschule Duisburg in ihrem Blick auf Teams in Organisationen durch die figurationssoziologische Brille nach Elias Möglichkeiten auf, wie insbesondere Dienstleistungsorganisationen den Veränderungsbedarfen der dynamischen Gesellschaft begegnen können.

Antonius Schröder, Senatssprecher des Berufsverbandes und Mit-Organisator der Tagung, beleuchtete mit Kolleg*innen diverse Aspekte bzgl. der Resilienz von Organisationen und ihren Beschäftigten. Technologische Innovationen in sozialen Innovationsprozessen sind dabei kein Gegensatz, sondern eher ein zentraler Ansatzpunkt.

Die Tagung hat ebenso deutlich gemacht, dass auch die verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen, die sich mit Organisationen befassen, aufgerufen bleiben, voneinander zu lernen – was bietet sich da besser an als ein Tagungsband, der alle Perspektiven vereint? Wie bereits für die vergangenen Tagungen erscheint auch aus dieser Veranstaltung heraus ein Sammelband im Springer VS Verlag.

Eine weitere Möglichkeit, sich den Themen rund um soziale Innovationen in, durch und zwischen Organisationen zu nähern, bieten übrigens die bei YouTube hochgeladenen Aufnahmen der Vorträge.

Tagungen sind normalerweise auch ein schöner Rahmen, um Preisverleihungen vorzunehmen – auch dies musste pandemiebedingt in eine Online-Variante umgemünzt werden und die Gewinnerin zunächst mit einer virtuellen Urkunde vorliebnehmen. Gefreut hat sich Dana Jarczyk, Gewinnerin des ersten Awards des Berufsverbandes Deutscher Soziologinnen und Soziologen, trotzdem: Nach der Verleihung des u.a. mit einer einjährigen Verbandsmitgliedschaft dotierten Preises berichtete Frau Jarczyk (Fachhochschule Bielefeld) über ihre Masterarbeit, in der sie die berufsbedingte Mediennutzung von Lehrkräften analysiert und dabei die gesundheitsgefährdenden Belastungen, die im Zuge etwa von Arbeitsverdichtung und Entgrenzung entstehen, differenziert herausgearbeitet hat (siehe auch ihren Bericht dazu im vorliegenden Heft). Soziologie in die Praxis bringen – dieser Anspruch der Jury an die Einsendungen der Bewerber*innen für den BDS-Award wurde von der Kandidatin in beeindruckender Art und Weise umgesetzt, was auch in der sich anschließenden Diskussion deutlich wurde.

Aber auch ein wenig Selbstkritik muss sein: Die technischen Grundeinstellungen waren zu Beginn nicht optimal, was die Diskussionsmöglichkeiten erheblich einschränkte. Zudem hat sich auch hier, wie bei vielen Tagungen, die Frage gestellt, ob es nicht zu viele Vorträge waren. Zwei Tage für viele Stunden in einer Zoom-Konferenz zu sein, neue Inhalte zu hören und den Diskussionen zu folgen bzw. sich zu beteiligen, kann mitunter eine Herausforderung sein. Zu kurz kam aufgrund der Online Veranstaltung auch der Austausch zwischendurch, denn Vernetzung ist auf unseren Tagungen neben dem inhaltlichen Austausch ebenso angestrebt.

Trotz allem: Der Berufsverband bedankt sich ausdrücklich bei allen, die referiert, moderiert, diskutiert bzw. zugehört haben und wir sind gespannt, welche Vorträge sich im Tagungsband wiederfinden werden – gilt es doch, das Wissen auf der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis möglichst weit zu verbreiten.

Wir freuen uns auf die Planungen für die TAS 2023!

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